Stadtchronik von 1900-1945

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Jahr Ereignis
1900

(26. April) Gründungsversammlung der Handwerkskammer; 33 Handwerksmeister nehmen an der Veranstaltung teil.

1900

(25. August) Das Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. wird in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. und der Kaiserin eingeweiht. Der bisherige "Reichart-Platz" wird nun in "Kaiserplatz" umbenannt (heute Karl-Marx-Platz).

1901

(1. September) Einweihung der "Bismarcksäule" im Steiger.

1901

(1. Oktober) Das städtische Elektrizitätswerk in der Radowitzstraße nimmt die regelmäßige Stromversorgung in der Stadt auf.

1901

(16. Oktober) Eröffnung der "Königlichen Baugewerkeschule" in der Schlüterstraße 1-2.

1901

(31. Oktober) Die Gustav-Adolf-Kirche, von romanisierenden Stilelementen geprägt, wird auf der Höhe des Großen Herrenberges eingeweiht. 1951 Wiedereinweihung nach starken Beschädigungen. 1986-1990 Bau des Gustav-Adolf-Gemeindezentrums.

1901

Der Konsumverein Erfurt "Konsum-Genossenschaft Volkskraft e.G.m.b.H." wird auf Veranlassung der im Gewerkschaftskartell Erfurt organisierten Arbeiter gegründet. Er eröffnet am 3. Januar 1902 seine erste Verkaufsstelle in Ilversgehofen in der Poststraße.

1902

(16. Juni) Einweihung der neuen Thomaskirche in der Schillerstraße. Im selben Jahr beginnt der Abbruch der alten Thomaskirche in der Löberstraße 18.

1902

Hugo John (1858-1911) gründet die Firma "I.A. John Aktien-Gesellschaft", Fabrik für Schornstein-Aufsatz und Blechwaren in Ilversgehofen, Schwerborner Straße.

1902

Henry Pels (1865-1931) gründet die "Berlin-Erfurter Maschinenfabrik" in Ilversgehofen, Schwerborner Straße.

1904

(18. Mai) Einweihung des Neubaues der Kunstgewerbeschule in der Hügelstraße 1. Bezug und Beginn der Lehrtätigkeit am 1. Juli.

1904/05

Bau des Hotels "Kossenhaschen" (bis 1995 "Erfurter Hof"), Erweiterung 1914 bis 1916.

1906

Mit 100.000 Einwohnern wird Erfurt Großstadt.

1906-1908

Bau des Kaufhauses "Römischer Kaiser" (heute Kaufhaus "Hertie") auf dem Anger.

1910

Die Stadt erwirbt das 1856 und 1881 errichtete Gaswerk für 5 Millionen Mark von der Deutschen Continental-Gesellschaft.

1910

(1. April) Auf Forderung der Königlichen Regierung wird in der Stadt eine Berufsfeuerwehr mit 15 Feuerwehrleuten gegründet. Damit ist die Erfurter Berufsfeuerwehr die älteste im thüringischen Raum.

1911

Die Erfurter Bürger erleben auf dem Johannesplatz, ehemals Teil der Johannesflur, dem heutigen Gebiet zwischen Eislebener Straße und Ammertalweg, die erste Landung eines Flugzeuges und 1914 die des Zeppelin-Luftschiffs "Z II".

1911

(10. November) Der Denkmalbrunnen für Gustav II. Adolf vor dem nördlichen Langhaus der Predigerkirche, auf dem ehemaligen Friedhof in der Predigerstraße, wird zur Erinnerung an die mehrfachen Erfurter Aufenthalte des Königs (1631/32) eingeweiht.

1911/12

Neubau der Lukaskirche in Daberstedt. 1945 Beschädigung der Kirche bei Luftangriffen. 1948 Wiederherstellung der Kirche. 1970 Innenerneuerung.

1912

Errichtung der städtischen Industriebahn.

1912/13

Neubau der Christuskirche in der Tettaustraße für die altlutherische Gemeinde. 1973-1976 Erneuerung der Innenräume.

1912/13

Neubau des Feuerwehrdepots am Reglerring (Juri-Gagarin-Ring). Die automatische Feuermeldeanlage mit 58 öffentlichen Feuermeldern geht in Betrieb. Das 1908 fertiggestellte Feuerwehrdepot befand sich in der Neuerbe 30.

1913

Gustav Wilhelm Erfurt gründet die "Erfurter Schokoladen- und Zuckerfabrik" in der Thomasstraße. Später wird die Fabrik als Kommanditgesellschaft "Erfurt-Erfurt" in der Moltkestraße (Thälmannstraße) und der Radowitzstraße (Iderhoffstraße) erweitert.

1913-1916

Anlegung des Hauptfriedhofes an der Binderslebener Landstraße.

1914

Gründung der Vereinigung der Erfurter Museumsfreunde durch Oberbürgermeister Hermann Schmidt.

1914-1916

Neubau des Thüringer Mode- und Ausstellungshauses Reibstein am Junkersand. Zerstört bei einem Bombenangriff 1944.

1914

(30. Juli) Angesichts der drohenden Gefahr des 1. Weltkrieges ruft die SPD Erfurts zu einer Kundgebung unter der Losung "Krieg dem Krieg" im "Tivoli" auf, aus der heraus sich spontan eine Friedensdemonstration in die Innenstadt entwickelt.

1914-1918

Im 1. Weltkrieg werden die Regimenter der Erfurter Garnison auf fast allen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Im Laufe des Krieges nimmt der Mangel an Lebensmitteln und Rohstoffen dramatisch zu. Neben Tausenden von Verwundeten sind am Ende des Krieges 3.579 gefallene Bürger zu beklagen.

1918

(8./9. November) Arbeiter und Soldaten der Erfurter Garnison schließen sich der Novemberrevolution an und bilden einen Arbeiter- und Soldatenrat.

1919-1933

Dr. Bruno Mann (1874-1938) Oberbürgermeister der Stadt Erfurt.

1920

Durch Reichsgesetz wird aus den vormals ernestinischen und den schwarzburgischen Staaten und dem Volksstaat Reuß der Freistaat Thüringen gebildet. Die preußischen Gebiete Thüringens einschließlich Erfurts werden nicht miteinbezogen. Thüringens Landeshauptstadt wird Weimar.

1920

Im März beteiligen sich große Teile der Erfurter Betriebsbelegschaften am Generalstreik gegen den Kapp-Putsch.

1920

Neubau der Eben-Ezer-Kapelle auf dem Hofgrundstück Magdeburger Allee 10.

1923-1929

Anlage des Nordparkes und Bau des Nordbades.

1925

(11. Mai) Erfurt erhält mit Eröffnung eines Zivilflughafens an der Stotternheimer Landstraße Anschluß an den deutschen und außerdeutschen Luftverkehr.

1925/26

Das alte Hospital am Johannesring wird abgerissen und an seiner Stelle das neue Hospital (Architekt J. Klaß) errichtet (Juri-Gagarin-Ring).

1927

(10. Dezember) Einweihung der Lutherkirche. Im Zweiten Weltkrieg wird sie beschädigt. Bei der Wiederinstandsetzung erfolgt eine Veränderung der Dachzone. 1977-1983 schrittweise Renovierung der Innenräume der Kirche.

1927-1931

Bau der Mitteldeutschen Kampfbahn (heute Steigerwald-Stadion) (1956-1973 erweitert). Einweihung am 17. Mai 1931 durch den Oberbürgermeister Dr. Bruno Mann.

1928

Die Metallindustrie nimmt den ersten Platz in der Wirtschaft ein. Sie erstreckt sich von der Großproduktion im Maschinen- und Apparatebau bis zur Metallverarbeitung. Zu den größten Betrieben dieses Industriezweiges zählen die Deutschen Werke (Schreibmaschinen), Hagans, I. A. John AG, Maschinenfabrik Henry Pels & Co., Maschinenfabrik Franz Beyer & Co. und Erfordia-Maschinenbau AG.

1928

Fertigstellung des Baus der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses.

1929-1932

In der Weltwirtschaftskrise geht die Produktion der Erfurter Betriebe auf die Hälfte zurück. Die Arbeitslosenquote erreicht einen Höchststand. Mehr als die Hälfte der Arbeitslosen bleibt ohne staatliche Unterstützung. Auch der Mittelstand ist stark betroffen. Die Nationalsozialisten und die Großdeutsche Volkspartei erlangen mit ihrer Demagogie beträchtlichen Einfluß auf die Bevölkerung. Bemühungen um die gemeinsame Abwehr der Gefahr einer nationalsozialistischen Diktatur scheitern an tiefen ideologischen und politischen Gegensätzen zwischen den demokratischen Kräften.

1933

Erfurt hat 148.855 Einwohner.

1933

Im Zeichen des Hakenkreuzes
Nach Errichtung des Hitler-Regimes am 30. Januar bestimmt die NSDAP die Geschicke der Stadt. Die kommunale Selbstverwaltung wird beseitigt. In der Feldstraße 18 wird im April eines der ersten Konzentrationslager errichtet.

1933-1934

Theodor Pichier (NSDAP) Oberbürgermeister der Stadt Erfurt.

1933-1939

Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wird in wachsendem Maße von der Kriegsvorbereitung der Hitlerdiktatur bestimmt. Bei Bindersleben entsteht ein Militärflughafen. Im Süden und im Südosten werden umfangreiche Kasernenanlagen errichtet.

1934/35

Am Fischmarkt in der Rathausgasse entstehen ein weiterer Anbau an das Rathaus und die Sparkasse. Die Entwurfsskizzen stammen von Stadtoberbaurat Johannes Klaß.

1935-1936

Dr. Max Zeitler (NSDAP) Oberbürgermeister der Stadt Erfurt.

1936/38

Am Rande der Stadt entstehen die Hungerbach- und die Cyriaksiedlung.

1936-1945

Walter Siegfried Kießling (NSDAP) (1892-1966) Oberbürgermeister der Stadt Erfurt.

1937

Ein Neubau für die Innere Abteilung des Städtischen Krankenhauses entsteht.

1938

Die Stadt ist zu einer der größten Garnisonen des Deutschen Reiches geworden.

1938

(1. April) Eingemeindung der Dörfer Hochheim (2.750 Einwohner) und Melchendorf (1.750 Einwohner).

1938

Während der gewaltsamen Ausschreitungen der sogenannten Kristallnacht vom 9. zum 10. November brennen die Mitglieder der SA die Synagoge am Karthäuserring nieder, viele jüdische Männer werden verhaftet und mißhandelt. Die Verschleppung und Vernichtung der jüdischen Bürger setzt ein.

1939

In der Stadt werden 8 Stellen zur Ausgabe von Bezugsscheinen für Spinnstoffwaren und Schuhwerk für Einzelverbraucher errichtet; Seifenkarten und Karten für Hausbrandkohle werden eingeführt. Alle für die städtischen Dienststellen vorgesehenen Luftschutzmaßnahmen treten in Kraft, die völlige Verdunkelung der Gebäude in den Abend- und Nachtstunden wird angeordnet. Die ersten 300 Verwundeten von Schlachtfeldern in Polen werden im Erfurter Standortlazarett (13. September) untergebracht.

1940

Errichtung und Weihe der Georgskapelle in Daberstedt.

1940

(17. August) Erster Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen im Bereich Großgarage Radowitzstraße (Iderhoffstraße), Baumerstraße, Gneisenaukaserne und Johannesring (Juri-Gagarin-Ring).

1940/41

Bau einer Versammlungshalle (Thüringenhalle) neben dem Schützenhaus.

1941

(9. Juli) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte liegen im Bereich der Magdeburger Allee.

1944/45

Auch in Erfurt ertönen immer häufiger die Luftschutzsirenen, je näher die Front kommt. Öffentliche Luftwarnung, später Kleinalarm genannt, wechselt mit Fliegeralarm. Von 24 Stunden verbringt die Bevölkerung durchschnittlich 8 bis 10 Stunden im Luftschutzraum. Die Lebenslage der Bevölkerung der Stadt verschlechtert sich spürbar.

1944

(20. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen im Bereich Meineckestraße, Brühler Herrenberg, Brühler Hohlweg, Heinrichstraße, Ottostraße, Günterstraße, Borntal, Hahnegarten, Peterborn, Grünstraße, Schlüterstraße, Boyneburgufer und Clausewitzstraße (Eugen-Richter-Straße).

1944

(20. Juli) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte liegen im Bereich Junkersand (Modehaus Reibstein), Rupprechtsgasse, Pilse 12/13, Ursulinenkloster, Anger 62 (Haus Weck), Industriegebiet Ilversgehofen und Bindersleben.

1944

Auf Anordnung des Gauleiters Sauckel schließen im August das Theater und die im November 1942 gegründete Musikschule aus kriegsbedingten Gründen ihre Pforten. Am 1. September stellt die seit 95 Jahren bestehende "Thüringer Allgemeine Zeitung" ihr Erscheinen ein. Deren Leser erhalten nun die "Thüringer Gauzeitung".

1944

(11. November) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörungen liegen im Bereich Futterstraße, Johannesstraße 3-5, Meienbergstraße und Neuerbeschule.

1944

(26./27. November) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen im Bereich Junkersand (Modehaus Reibstein), "Haus zum Schiffchen" und "Anker", Neue Mühle, Barfüßerstraße -schule und -kirche, Predigerkloster, Rathausgasse, Venedig, Gartenstraße, Löberring, Thomasstraße und Schlösserstraße.

1944

(6. Dezember) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Leipziger Platz und Hospitalplatz.

1945

(9. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen Michaelisstraße, Collegium maius der Alten Universität, Kreuzgasse, Kürschnergasse, Hügel, Venedig, Evangelisches Waisenhaus, Grünstraße, Pfeiffersgasse, Boyneburgufer und Wallturm 23.

1945

(19. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen Humboldtschule, Johannesstraße, Müfflingstraße (Theo-Neubauer-Straße), Moltkestraße (Thälmannstraße), Angermuseum, Franckestraße, Lange Brücke, Stunzengasse, Hundorfsgasse, Preßburger Straße (Clara-Zetkin-Straße), Epinaystraße (Windthorststraße), Weimarische Straße, Südfriedhof, Thomasstraße und Karthäuserstraße.

1945

(25. Februar) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen Nettelbeckufer, Staatsbauschule, Venedig, untere Johannesstraße, Wenigemarkt, und Gartenstraße.

1945

(17. März) Bombenangriff auf Erfurt. Bombenschäden im Bereich Rudolfstraße und Dittelstedt.

1945

Um die Ernährung der aus den östlichen Kampfgebieten nach Erfurt überführten zahlreichen Menschen zu sichern, werden ab dem Anfang März beginnenden Lebensmittelzeitraum die Brot-, Nährmittel- und Fettzuteilungen an die Erfurter Bürger weiter erheblich gekürzt.

1945

(30. März) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen des Südviertels, der Arnstädter Straße, der Straßburger Straße (Robert-Koch-Straße), der Herderstraße, der Melchendorfer Straße, der Schillerstraße, des Gymnasiums, der Thomaskirche, des Beethovenplatzes.

1945

(31. März) Bombenangriff auf Erfurt. Die Schwerpunkte der Zerstörung liegen in den Bereichen Süd- und Westviertel, Dorotheenstraße, Goethestraße, Klingenstraße, Hochheimer Straße, Neuwerkstraße, Hohenzollernstraße (Adolf-Hess-Straße), Espachstraße, Friedrichstraße, Rubianusstraße, Gartenstraße, Futterstraße und Domplatz.

1945

(1. April) Einheiten der 3. US-Armee unter Befehl des Generals George S. Patton überschreiten westlich von Eisenach die thüringische Landesgrenze und nähern sich innerhalb weniger Tage dem Erfurter Gebiet.

1945

(10. April) Aufruf des Kreisleiters der NSDAP Franz Theine in der Thüringer Gauzeitung: "Erfurter, werdet nicht mutlos ! Für Feiglinge ist kein Platz in unserer Stadt ! Je näher der Feind, desto unbeugsamer unsere Haltung !".

1945

(10. April) Gegen 14 Uhr wird Feindarlarm ausgelöst. Die Bevölkerung flüchtet in die Keller und richtet sich auf ein längeres Verweilen darin ein. Tieffliegerangriffe nehmen erheblich zu. Am folgenden Tag ist die Stadt von amerikanischen Truppen eingeschlossen und liegt unter Beschuß ihrer Artillerie. Der Schwerpunkt der Zerstörungen liegt im Bereich der Marktstraße, des Rathauses, der Neuwerkstraße, der Gartenstraße, des Angerecks und des Bartholomäusturms.

1945

(12. April) Die Stadt wird in den frühen Morgenstunden erneut beschossen. Zur gleichen Zeit flüchtet der Stadtkommandant Oberst Merkel, der seinen Befehlsstand auf dem Petersberg hat. In den Mittagsstunden erreichen US-Infanterieeinheiten das Zentrum. Vom Westen und vom Süden dringen Panzer ein. Am Abend ist die gesamte Stadt in den Händen amerikanischer Verbände. Der noch geringe Widerstand deutscher Verbände in Gispersleben, den Bunkern des Stadtparkes, am Bahnhof, am Güterbahnhof und am Steinplatz wird durch die vorrückenden amerikanischen Verbände schnell gebrochen.

1945

Zwischen Hoffnung und Neubeginn
(13. April) Die im Regierungsgebäude am Hirschgarten stationierte amerikanische Militärverwaltung unter dem Kommando des Majors Noble O. Moore übt die vollziehende Gewalt in der Stadt aus. Ihre Befehle und Veröffentlichungen sind widerspruchslos zu befolgen.

1945

(12./13. April) Voller Ungewißheit über die Zukunft verlassen die Menschen Luftschutzkeller und Bunker. Die Stadt bietet ein trostloses Bild. 5.000 Erfurter Männer kehren nicht von den Schlachtfeldern Europas zurück, viele andere nur als Krüppel. Dem Bomben- und Granatenhagel sind 1.392 Greise, Frauen und Kinder zum Opfer gefallen. Hunderte von Gegnern des NS-Regimes und jüdischen Bürgern der Stadt sind verschleppt, viele in den Konzentrationslagern ermordet. Die Gebäudeschäden in der Stadt betragen 85,5 Millionen Reichsmark. Dennoch sind die Bombenschäden im Vergleich mit anderen deutschen Städten gering.

1945

Lange Züge heimatloser Menschen kommen aus den Kampfgebieten und ziehen durch die Stadt in der Hoffnung, eine Unterkunft zu finden. Mitte April leben 37.430 Kriegsevakuierte in der Stadt. In der Neuerbeschule, "im Schützenhaus", im Barackenlager am alten Nordhäuser Bahnhof, im Gymnasium und in den Gebäuden Allerheiligenstraße 9/10 sind Durchgangslager für Flüchtlinge und Vertriebene eingerichtet.

1945

(13. April) Der Post- und Eisenbahnverkehr für die Bevölkerung ist völlig eingestellt. Sämtliche Behörden außer der Stadtverwaltung, aller Schulen und Einrichtungen sind geschlossen.

1945

(15. April) Otto Gerber (parteilos) (1884-1961) wird auf Anordnung der US-amerikanischen Stadtkommandanten als Oberbürgermeister eingesetzt.

1945

(29. April) Der Güterzug- und Kurzstreckenverkehr der Deutschen Reichsbahn für die Bevölkerung wird in beschränktem Umfang zugelassen. Durch Gleisunterbrechungen infolge der Kampfhandlungen und der Brückensprengungen sind zahlreiche Streckenabschnitte gesperrt. Das Fernmeldenetz ist nachhaltig zerstört.

1945

(1. Juni) Der Straßenbahnverkehr beginnt mit der Linie 1. Bereits in den folgenden Wochen werden nach der Instandsetzung des Schienennetzes und des Wagenparks die weiteren Streckenabschnitte befahren. Ab dem 19. April werden wieder alle Strecken der Erfurter Straßenbahn und erste Omnibuslinien befahren.

1945

(1. Juni) Die erste Ausgabe der Veröffentlichung "Amtliche Nachrichten der Militärregierung für den Stadtkreis Erfurt und den Landkreis Weißensee" erscheint.

1945

(Juni) Die Strom- und Gasversorgung kann nach umfangreichen Reparaturarbeiten wieder notdürftig gesichert werden.

1945

(April-Juni) Die in Erfurter Betrieben "zwangsverpflichteten" 31.000 Arbeitskräfte aus der Sowjetunion, Polen, der Tschechoslowakei, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Rumänien, den Niederlanden und Bulgarien kehren in der Mehrzahl nach Kriegsende in ihre Heimatländer zurück.

1945

(1. Juli) Einstellung der Tätigkeit der preußischen Regierung in Erfurt. Die Stadt wird am 16. Juni Thüringen zugeordnet.

1945

(3. Juli) Einheiten der sowjetischen Armee übernehmen auf Grund einer Vereinbarung der alliierten Militärkommandanten in Deutschland entsprechend dem 1. Londoner Zonenprotokoll von 1944 und den Beschlüssen der Konferenz von Jalta die Stadt. Erfurt wird Bestandteil der sowjetischen Besatzungszone.

1945

(3. Juli) Als Tageszeitung erscheinen in Erfurt: Die "Thüringer Volkszeitung" (KPD) ab dem 3. Juli, die "Tribüne" (SPD) ab dem 1. November, das "Thüringer Tageblatt" (CDU) ab dem 1. Mai 1946, die "Thüringer Landeszeitung" (LDPD) ab dem 4. Januar 1947 und die "Thüringer Neuesten Nachrichten" (NDPD) ab dem 30. April 1951.

1945

(7. Juli) Hermann Jahn (KPD) (1894-1946) wird durch den sowjetischen Sadtkommandanten nach Amtsenthebung von Otto Gerber als Oberbürgermeister eingesetzt.

1945

(April-Juli) In der Stadt konstituieren sich Ortsgruppen politischer Parteien und führen erste Versammlungen durch: KPD am 26. April, "Bund demokratischer Sozialisten" am 1. Juni, SPD am 15. Juni, CDU am 26. Juni und LDPD am 5. Juli. Ihnen folgen die NDPD und die DBD 1948.

1945

(30. August) Mit der Aufführung von Beethovens "Fidelio" im Stadttheater nimmt das Theaterleben einen neuen Anfang.

1945

(29. September) Eröffnung einer Ausstellung unter dem Motto "Erfurter Wirtschaft im Aufbau" in den Gebäuden der Feima-Werke, Altonaer Straße. Sie zeigt, wie Betriebe oft mit Behelfsmitteln, durch Rohstoffknappheit und viele andere Schwierigkeiten verursacht, die Produktion in Gang gesetzt haben. Gleichzeitig wird eine erste Kunstausstellung unter der Thematik "Künstler im antifaschistischen Kampf" eröffnet.

1945

(1. Oktober) Die Erfurter Schulen nehmen in allen Klassenstufen - die Mehrzahl der ersten vier Unterrichtsstufen bereits am 24. Juli - den Unterricht wieder auf. Die Schülerzahl beträgt 21.200.

1945

(7. Oktober) Die Erfurter Musikschule wird mit einer Feierstunde im Stadttheater eröffnet. Im Rahmen der musikalischen Darbietungen spricht Stadtschulrat Dr. Binnert.

1945

(November) In der Innenstadt sind 30.000 cbm Schutt von den Straßen geräumt und etwa ein Drittel der beschädigten Wohnungen instandgesetzt. Besondere Anstrengungen erfordert die Sicherung der gesundheitlichen Betreuung der Stadtbevölkerung und vor allem der Flüchlinge. In den Erfurter Lagern haben sich fast 700.000 Menschen aus den Ostgebieten Deutschlands (1945-1949) aufgehalten.



Quelle der Stadtchronik: Archivrat Bodo Fischer, Stadt- und Verwaltungsarchiv Erfurt


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